Presseerklärung des BUNDESAUSSCHUSS FRIEDENSRATSCHLAG zu den Durchsuchungen am 9.5.2007
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Skandalöse Polizeiaktionen gegen Gipfelgegner

Kriminalisierung des G8-Protestes beenden!

Kassel, 9. Mai - Mit einer beispiellosen koordinierten Großaktion in sechs Bundesländern wurden auf Anordnung der Generalbundesanwaltschft 40 "Objekte" durchsucht, die in einem Zusammenhang mit den geplanten Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm stehen. Hierzu erklärte ein Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag:

Die überfallartigen Polizeiaktionen gegen 40 Wohnobjekte und Büros globalisierungskritischer Alternativprojekte sind ein ermittlungstechnischer Fehlschlag, juristisch überflüssig wie ein Kropf und ein politischer Skandal erster Ordnung. Wenn der Bundesanwaltschaft etwas daran gelegen ist, wegen Verstoßes gegen Art. 129a ("Bildung einer terroristischen Vereinigung") zu ermitteln, dann wurde die Probe auf das falsche Exempel gemacht. Bei den durchsuchten "Objekten" handelt es sich meist um alternative Projekte, Wohngemeinschaften und linke Büros, deren politische Aktivitäten den Staatsschutzorganen selbstverständlich bestens bekannt sind. Ebenso bekannt muss ihnen auch sein, dass es sich bei den heimgesuchten Adressen mitnichten um irgendwelche "terroristische Vereinigungen" handelt. Die Aktion, bei der bundesweit 900 Beamte eingesetzt wurden, ist also überflüssig wie ein Kropf und kostet Zeit und Geld, die für andere Polizeiaufgaben zum Schutze der Bürgerinnen und Bürger fehlen.

Politisch zielt die Aktion indessen auf die Kriminalisierung der Protestbewegung gegen den G8-Gipfel. An den Protesten, die am 2. Juni in einer bundesweiten Großdemonstration in Rostock einen Höhepunkt haben werden, ist auch die Friedensbewegung beteiligt. Sie muss daher die polizeilichen Übergriffe auch als Angriff auf sich selbst empfinden. Seit Wochen schicken das Innenministerium und die untergeordneten Staatsschutzorgane Signale aus, wonach bei den Protesten in und um Heiligendamm "Gewalttaten" zu erwarten seien. Einer solchen Stimmungsmache halten wir entgegen: Die Friedensbewegung, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten für zahlreiche Massendemonstrationen organisatorisch und politisch verantwortlich gewesen war, hat stets ihren friedlichen Verlauf garantiert. Dies sollte auch in Rostock selbstverständlich sein. Leider müssen wir heute feststellen, dass die Staatsorgane drauf und dran sind, die in der Sache harte, aber der Form nach friedliche Protestatmosphäre zu vergiften und ein Klima der Gewalt herbei zu reden.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag protestiert gegen die Willkürmaßnahmen der Polizei und fordert die politisch Verantwortlichen auf, zu rationalen Formen der Auseinandersetzung zurückzukehren. Der versuchten Kriminalisierung des Protestes setzen wir verstärkte Anstrengungen zur Mobilisierung zu den Gipfelprotesten entgegen.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:

Peter Strutynski (Sprecher)